Ziegelhof resigniert

Basler Zeitung 06. Mai 2006

Von Michael Heim und Pierre Weill

Auf dem Biermarkt verschärft sich der Konzentrationsprozess. Wieder verliert eine Brauerei aus der Region ihre Selbstständigkeit. Die Luzerner Eichhof übernimmt das operative Geschäft der Liestaler Ziegelhof. In Liestal bleibt der Vertrieb.

Mit dem Verkauf der 156 Jahre alten Ziegelhof-Brauerei geht ein bedeutender Teil der Brauerei- und Bier-Kultur in der Nordwestschweiz zu Ende. Ab Oktober wird das Bier neu in Luzern gebraut «nach den Originalrezepten», wie Ziegelhof-Verwaltungsratspräsident Hans Ulrich Leupin beteuert.

Das Liestaler Traditionsunternehmen verkauft sein Biergeschäft, weil es sich gegenüber dem Branchenleader Feldschlösschen nicht mehr behaupten konnte. Feldschlösschen, das seit 2000 dem dänischen Grosskonzern Carlsberg gehört, kämpfe in der Region besonders aggressiv um Marktanteile, sagt Leupin. Konsequenterweise hat Ziegelhof nur mit Eichhof über den Verkauf verhandelt. Der Preis wird nicht bekannt gegeben. Von 40 Mitarbeitern werden 16 weiter in Liestal beschäftigt, wo der Vertrieb bestehen bleibt. Dazu kommen 18 Frühpensionierungen. «Wir pfeifen nicht aus dem letzten Loch, wir können ihnen eine Übergangsrente finanzieren», sagt Leupin. Ziegelhof, die der Familie Meyer gehört, hat in den letzten Jahren weniger Umsatz erzielt und Marktanteile verloren, doch keinen Verlust geschrieben. 12 bis 16 Leute müssen eine andere Stelle suchen.

Stadtpräsidentin besorgt. Mit Ziegelhof macht die letzte, unabhängig gebliebene Brauerei im Baselbiet dicht. Die Firma wird zu einer Immobiliengesellschaft umgewandelt. Darin werden das Firmenareal sowie die rund zwanzig Restaurants, die Ziegelhof gehören, zusammengefasst. Liestals Stadtpräsidentin Regula Gysin-Grieder erfuhr erst gestern vom Verkauf des Liestaler Traditionsunternehmens. Der Verkauf mache sie betroffen, damit verlasse eine weitere wichtige Marke den Standort Liestal. Noch immer hat sie frühere Verluste – wie das Zeughaus oder die Textilfirma Hanro – im Hinterkopf. «Das erfüllt mich mit grosser Sorge.» Felix Bigliel, Geschäftsführer der «Rio Bar», ist «absolut baff». Die Schliessung berühre ihn: «Wir hatten immer eine gute, fast schon familiäre Beziehung zum Ziegelhof. Ich bin in der dritten Generation auf der ‹Rio Bar› und seit ich mich erinnern kann, hatten wir Ziegelhof-Bier.»

14 Jahre später: Das Ziegelhof-Areal am 9.5.2020

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