Samichlaus: Der Nikolaus aus dem Exil

Handelszeitung – 22. Dezember 2016

In Österreich gärt weiter, was Feldschlösschen einst nicht wollte: Die Brauerei Eggenberg exportiert «Samichlaus»-Bier in die Welt.

Nebel liegt über der Brauerei Schloss Eggenberg, es ist kalt. Malzduft liegt in der Luft. Drinnen stossen geladene Gäste auf einen neuen Sud an. Wie immer am 6. Dezember, denn das Bier, das sie feiern, wird nur einmal pro Jahr gebraut. Deshalb heisst es auch «Samichlaus». Für das Starkbier mit 14 Prozent Alkohol ist die Brauerei weit über die Grenzen Österreichs hinaus bekannt. Geliefert wird bis nach Amerika, Russland und Asien.

Österreich? «Samichlaus»? Genau. Das Bier, das die Brauer in ihrem österreichischen Dialekt «Sa Miklas» aussprechen, hat einen Schweizer Namen, obwohl es in Vorchdorf bei Linz gebraut wird. Denn ursprünglich stammt es aus Zürich. Doch dann wurde der Nikolaus ins Exil vertrieben. Er wurde zum Opfer der Konzentration in der Getränkebranche.

Erfunden worden war das «Samichlaus» 1980 von der Brauerei Hürlimann. Das Bier war damals eine Sensation. Nicht nur war es zuvor niemandem gelungen, ein so starkes Bier zu brauen. Es schmeckte offenbar auch gut. Namhafte Kritiker wie der britische Gastro-Autor Michael Jackson schrieben mehrfach über das Bier aus Zürich.

Die Brauerei Schloss Eggenberg bei Vorchdorf (Oberösterreich, A)

Es war wohl kein Zufall, dass das Bier von Hürlimann stammte. Die Brauerei galt damals als innovativ, vor allem was die Entwicklung spezieller Hefestämme anging. Und solche sind nötig, um beim Brauen den Alkoholgehalt auf über 14 Prozent zu treiben. Eine normale Lagerbier-Hefe schafft so etwas nicht.

Dass das «Samichlaus» in Österreich endete, hat mit einer anderen Hürlimann-Hefe zu tun. Mit ihr hatten die Zürcher ab den 1960er Jahren das alkoholarme Birell gebraut, damals eine Innovation. Lizenzen wurden in die ganze Welt vergeben – unter anderem auch an die Brauerei Eggenberg. Damit hatte diese das erste alkoholfreie Bier Österreichs. Und den Draht nach Zürich, was sich später als wertvoll herausstellen sollte.Kein Interesse an Spezialbieren

1997 wurde Hürlimann von Feldschlösschen geschluckt. Die Aargauer hatten am «Samichlaus» kein Interesse, sie waren spezialisiert auf Massenbier. «In den 1990er Jahren war die Nachfrage nach Bierspezialitäten sehr klein», sagt Feldschlösschen-Sprecherin Gaby Gerber heute. «Aus diesem Grund haben wir das Produkt nicht mehr hergestellt und die Lizenz verkauft.» Eggenberg schlug zu. «Bereits vor der Fusion hatten uns die Leute von Hürlimann kontaktiert», sagt Karl Stöhr, der das Exportgeschäft leitet und dessen Familie die Brauerei besitzt.

Letztmals wurde 1997 in Rheinfelden gebraut. Von diesem Sud sei ein Teil noch mit Tankwagen nach Österreich gefahren worden, sagt Stöhr. «Das haben wir mit unserem ersten Jahrgang verschnitten.» Im Jahr 2000 folgte dann der Neustart.

Die Rezeptur des Biers wurde immer mal wieder angepasst. Speziell für den US-Markt kreierten die Österreicher eine dunkle Version. Oder sie bauten Biere in Holzfässern aus. Vielleicht kommt schon bald eine neue Sorte dazu, wie Brauer Thomas Lugmayr verrät. Man spiele mit dem Gedanken eines hopfenbetonten «Samichlauses». So etwas liegt im Trend.

Während die Österreicher mit dem Namen noch immer ihre Mühe haben, wissen die Überseekunden meist gar nicht, dass «Samichlaus» eigentlich mal schweizerisch war. Der Name stehe jedoch nicht zur Diskussion, versichert Exportchef Stöhr. Das Geschäft läuft gut. 180 000 Liter werden jeweils gebraut und nach zehn Monaten Lagerzeit abgefüllt.

Mittlerweile sieht man auch in Rheinfelden, was da verloren ging. Ob man das Bier heute selber brauen würde, sei nicht klar, sagt Sprecherin Gerber. «Wir freuen uns aber, dass die Geschichte des Bieresweitergeschrieben wird.»

Dieser Text ist in der Handelszeitung erschienen.

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