Bitte ein Pils! – Oder: Wie deutsch ist unser Bier?

Im Fussball spielen die Schweiz und Deutschland neuerdings auf Augenhöhe. Doch gilt das auch bei der schönsten Fussballbegleitung, dem Bier?

Handelszeitung, 28.6.2024

Zwei Minuten Verlängerung trennten die Schweizer Fussball-Nati am Sonntag von der Sensation – dem Sieg über Deutschland. Hätten die Deutschen nicht noch den Anschlusstreffer geschafft, wäre der Abend für viele Fans noch feuchter geworden als so schon. Denn eines ist klar: Zum Fussball gehört Bier – erst recht in Deutschland. Dabei ist manch einem Schweizer Fan in Köln aufgefallen: Das Bier im Stadion schmeckt anders als zu Hause.

Eigentlich unterscheidet sich das deutsche Standardbier «Pils» gar nicht so sehr vom Schweizer «Spezial». Beide sind Verwandte des Biers aus dem tschechischen Pilsen, das dem Stil einst den Namen gab. In der Schweiz hiess es lange anders, weil nur «Pilsner» oder «Pils» heissen durfte, was aus Tschechien stammte.

Doch diese Regel lief 2022 aus, und so tummeln sich nun auch Schweizer Pilsner in den Regalen. Die maximale Verwirrung schuf Feldschlösschen, als es seine «Hopfenperle» im Detailhandel durch ein «Pils» ersetzte, wogegen es in der Beiz weiterhin die als «Spezial» deklarierte Perle zu trinken gibt. Und siehe da! Die Biere unterscheiden sich tatsächlich. Aber wie?

Da wären wir – irgendwie – wieder beim Fussball. Das deutsche Pils ist etwas herber, aggressiver im Geschmack. Es hat mehr Hopfen, ist etwas blasser in der Farbe. Das Schweizer Spezial dagegen ist lieblicher, weniger bitter und etwas süsser – weshalb es die meisten Deutschen auch eher fad finden.

Im europäischen Wettbewerb haben die Deutschen beim Pils leicht die Nase vorn – zumindest wenn man den Bewertungen auf der Rating-Website Untappd glaubt. Das beste Schweizer Pils wäre demnach das «Hopfengold» der Bülacher Brauerei St. Laurentius, das mit seinen 3,7 Punkten bei den Deutschen zumindest noch in den Top zwanzig mitspielen kann. Von den grossen Schweizer Brauereien schneidet die Winterthurer Chopfab mit ihrem «Galaxy Pils» am besten ab (3,5 Punkte). Etwa gleichauf bei rund 3,2 Punkten liegen die Standardbiere der Grossbrauereien Feldschlösschen (CH), Krombacher (D) oder Bitburger (D).

Weder die Brauereien aus der Bundesliga noch jene aus der Schweizer Super League schaffen es jedoch nur annähernd, den wahren Pilsner-Meister zu gefährden. Denn die Champions League spielt noch immer in Tschechien, und von dort stammt der Titelverteidiger: «Pilsner Urquell». An der EM hingegen waren die Tschechen bisher weniger gut unterwegs. Aber das ist eine andere Geschichte.

Typisch: Ein galaktisches Pils

Ein Pils mit australischem Hopfen? Chopfab setzt bei seiner Interpretation des deutschen Biers mit Galaxy auf eine Neuzüchtung von Down Under, die zwar Verwandte in Europa hat, aber eher wie eine Amerikanerin schmeckt. Und doch ist dieses Bier aus Winterthur genau so, wie ein Pils sein soll. Herb, trocken, erfrischend – aber mit einer feinen Zitrusnote.

Galaxy Pils, Brauerei Chopfab Boxer, Winterthur. Helles Pilsner, 5,4% Alkohol. Ca. 3 Franken pro 33 cl.