Schweizer Brauereien überwinden den Corona-Schock

handelszeitung.ch 22.11.2022

Der Bierabsatz lag im zurückliegenden Braujahr fast wieder auf Vorkrisenniveau. Der Absatz beim alkoholfreien Bier stieg um stolze 20 Prozent.

Michael Heim

Ob während den Fussballspielen im islamischen Katar oder – durch eine Abstimmung gefestigt – in der Migros: Alkoholfreies Bier ist in aller Munde. Und das durchaus wörtlich: In der Schweiz wird immer mehr Bier ohne Alkohol getrunken. Das zeigt die heute veröffentlichte Statistik des Schweizer Brauerei-Verbands.

Im zurückliegenden Braujahr 2021/2022 (bis Ende September) war jedes 18. getrunkene Bier ein alkoholfreies. Verglichen mit dem Vorjahr stieg der Absatz um stolze 20 Prozent auf 26,5 Millionen Liter oder rund 5,7 Prozent des in der Schweiz verkauften Biers. Das «bleifreie» ist damit längst von der Nische in der Masse angekommen und für viele Brauereien ein wichtiges Geschäft geworden.

Überhaupt waren die letzten zwölf Monate für die Schweizer Brauereien erfreulich. Insgesamt wurden in der Schweiz 468,8 Millionen Liter Bier verkauft und damit fast gleich viel wie zuletzt vor der Corona-Pandemie (2018/2019: 474,0 Millionen Liter). Diese hatte einen starken Einfluss auf die Bier-Branche, hatte die Schliessung der Gastronomie doch zu einem starken Rückgang des Bierabsatzes geführt. Gegenüber dem Vorjahr stieg der Absatz denn auch um 6,2 Prozent an.

Für den Anstieg sind laut Brauerei-Verband nicht nur das Ende der Covid-Einschränkungen verantwortlich, die im vergangenen Winter noch immer das Geschäft prägten, sondern auch das gute Wetter. Verglichen mit dem Vorjahr war der Sommer 2022 deutlich sonniger und wärmer, was sich positiv auf den Bierabsatz auswirkte, wie Verbandsdirektor Marcel Kreber festhält.Schweizer Brauereien können gegenüber dem Import deutlich zulegen

Sehr erfreulich für Feldschlösschen und Co.: Stark zugenommen hat der Marktanteil des in der Schweiz produzierten Biers. Dieser lag zuletzt bei 77,6 Prozent und war in den letzten zehn Jahren nur einmal leicht höher (siehe Grafik unten). Während der Covid-19-Pandemie hatten Importbiere verhältnismässig stark zugelegt. Als die Bars und Beizen geschlossen waren, wichen viele Konsumentinnen und Konsumenten auf Bier im Detailhandel aus, griffen dort aber oft zu Importbieren, die in der Gastronomie weniger stark vertreten sind.

Zur starken Stellung der hiesigen Brauereien dürfte – nebst dem anhaltenden Trend zu lokalen oder handwerklich produzierten Bieren – auch beigetragen haben, dass die Grosskonzerne Heineken und Carlsberg auch im grossen Stil Bier ausländischer Marken in der Schweiz brauen lassen. So wird etwa das von Heineken derzeit stark gepushte Moretti teilweise bei Calanda in Chur hergestellt. Auch andere vermeintliche Importmarken wie Heineken oder Sagres stammen aus heimischen Braukesseln.Kosten für Rohstoffe und Energie haben stark zugenommen

Sorgen bereitet dem Brauer-Verband die Beschaffung der Rohmaterialien und der Energie. Zu Beginn des Jahres sorgte die Versorgung mit Glasflaschen für Panikmomente in den Brauereien, wurde doch ein grosser Teil der hierzulande verwendeten Flaschen zuvor in einem ukrainischen Werk von Vetropack hergestellt, das im Krieg zerstört wurde.  

Gleichzeitig stiegen die Preise für Malz stark an, weil auch beim Getreide eine grosse Osteuropa-Abhängigkeit vorliegt. Nicht zuletzt spüren die Brauereien die stark angestiegenen Preise für Gas und Strom, ist der Brauprozess doch sehr energieintensiv. Manch eine Brauerei hat denn auch bereits die Preise erhöht. Eine Entspannung sei bisher nicht auszumachen, schreibt der Schweizer Brauerei-Verband in seiner Mitteilung.