1.20 oder 42 Franken: Wie teuer darf Bier sein?

handelszeitung.ch 10.02.2023

Heute langen wir mal etwas tiefer ins Portemonnaie. Denn wers speziell mag, zahlt mittlerweile recht viel für eine Flasche Bier.

Michael Heim

«Oh, das müssen wir in unsere Degu einbauen!» Kollege Felix blieb wie versteinert vor der Auslage des Getränkehändlers stehen, griff zur Flasche (und gleich noch einmal) und legte sie in den Einkaufskorb. Eine Rarität, die es nur selten zu kaufen gibt. Das müsse einfach sein. Auf den Preis schaute er gar nicht erst. Das Dreierli vom Westvleteren kostete 21 Franken. Fürs gleiche Geld gibts im Discounter 24 Halbliterdosen Importbier.

Hat die Hyperinflation nun auch das Bier erreicht? Nein. Aber immer häufiger landen auch Biere mit zweistelligen Preisen in den Regalen. Der Markt hat sich geteilt. Auf der einen Seite billiges Importbier und Bündner Sagres im Aktionskarton, auf der anderen Seite handwerklich gemachte Biere und Raritäten, die deutlich teurer sind als das gute alte Feldschlösschen.Willkommen in der Champagner-Klasse!

Auch Schweizer Brauereien haben dem Trading-up gefrönt. Schon vor Jahren füllte die jurassische BFM die etwas spannenderen Biere in Weinflaschen ab. Die «very limited Edition» eines fassgelagerten Sauerbiers namens «Moustache Ruby Port» kommt derzeit auf 18 Franken in der 37-Zentiliter-Flasche. Doppelleu verlangt für seine «1er Cru» in der 75er-Flasche 29 Franken, bei Pilgim gibt es gar solche für 42 Franken. Oft sind diese Biere stark im Alkohol, aufwendig produziert und lagerfähig. Willkommen in der Champagner-Klasse!

Mein bisher teuerstes Bier war ein «Sink the Bismarck» von Brewdog. Ich erhielt es zum Geburtstag geschenkt, weiss aber, dass meine Freunde für das kleine Fläschli tief in die Tasche gegriffen haben. Derzeit kostet es rund 100 Franken – wenn man es denn findet. Das Spezielle daran? Das Bier galt mit seinen 41 Prozent lange als das stärkste Bier der Welt. Nerdstoff. 

Lohnt sich das auch? Die «Bismark» würde ich wohl nicht kaufen, und für die Sommerparty bleibe ich lieber beim Alltagsbier. Wer zwischendurch mal etwas Besonderes geniessen will, fährt mit den Edelbieren jedoch selten schlecht. Und verglichen mit dem, was man für einen ähnlich speziellen Wein bezahlt, sind auch die teuersten Biere noch immer günstige Schnäppchen.

Typisch: Das angeblich beste Bier der Welt

Es ist eine Seltenheit, dass das Bier der belgischen Trapisten-Brauerei überhaupt im Ausland in den Verkauf kommt. Das starke Quadrupel gilt als eines der besten Biere der Welt. Unspektakulär im Stil, aber handwerklich erstklassig gemacht. Dunkelbraune Farbe, malzbetont und intensiv. Lässt sich dank hohem Alkoholgehalt gut lagern. 

Westvleteren 12 Trappistenabtei Sankt Sixtus, Vleteren, Belgien. Obergäriges Klosterbier, 10,2% vol. Alk., 33 cl für ca. 21 Franken.

In dieser Kolumne schreiben der «Handelszeitung»-Redaktor Michael Heim und Autor Ben Müller alternierend einmal im Monat über Bier und Wein. Heim selbst ist an einer Vereinsbrauerei beteiligt.